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Die Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge ist mit Sicherheit eine der herausforderndsten Aufgaben für die Politik, die NGOs und die Zivilgesellschaft in Österreich.
Seit Monaten scheitert die Politik daran, genügend Unterkünfte für Flüchtlinge in Österreich bereit zu stellen. Überfüllte Erstaufnahmezentren, Menschen, die am Boden oder gar im Freien nächtigen müssen. Was schon im Sommer unhaltbare Zustände waren, bedroht in der kalten Jahreszeit Menschenleben. Wetterfeste Unterkünfte sind das Um und Auf im Herbst und vor allem im Winter.

Doch selbst wenn Sie Wohnraum für Flüchtlinge spenden können und wollen, müssen Sie eine Vielzahl an rechtlichen wie bürokratischen Hürden überwinden.

Rechtliche Grundlagen

Das Fremdenrecht ist wahrscheinlich eine der kompliziertesten Rechtsmaterien überhaupt. Und eine, die fortlaufend verändert, man könnte auch sagen, verschärft, wird. Die Grundversorgung von "schutzbedürftigen Fremden" regelt Artikel 15a B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) beziehungsweise das jeweilige Landesrecht. Unter "Schutzbedürftige Fremde" versteht der Gesetzgeber in Österreich "Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen".

Der Bund ist im wesentlichem in der ersten Phase des Asylverfahrens zuständig. Jeder Asylantrag, der prinzipiell bei der Polizei oder einem der Erstaufnahmezentren des Bundes gestellt werden kann, wird zunächst geprüft - inhaltlich wie formell. Damit wurde ein Asylverfahren eröffnet, das auf drei Arten enden kann:
 
  • Stattgebung (Asylberechtigung oder subsidiärer Schutz)
  • Zurückweisung (formelle Gründe)
  • Abweisung (inhaltliche Gründe)

Die Kosten zwischen Bund und Ländern sind im Verhältnis 60:40 aufgeteilt. Das betreuende Bundesland bekommt also die Kosten für die Versorgung zu 60 % vom Bund refundiert, dauert das Asylverfahren länger als 12 Monate, sogar zu 100%. Theoretisch wäre in der Grundversorgungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern auch die Aufteilung der Asylwerber gesetzlich geregelt. Theoretisch wohlgemerkt, in der Praxis ist die Politik daran gescheitert.

Daher beschloss der Nationalrat im September 2015 das Durchgriffsrecht des Bundes. Mit dem Instrument der "Ersatzvornahme" kann der Bund Aufgaben der Länder und Gemeinden übernehmen. Konkret bedeutet das in diesem Fall, dass der Bund jetzt in Gemeinden, in denen keine oder zu wenige Flüchtlinge untergebracht werden, eben dies erzwingen kann. Vorgesehen dafür sind Gebäude und Grundstücke, die dem Bund gehören oder angemietet sind. Da die Flächenwidmung oder Bauordnung zum Beispiel in den Kompetenzbereich der Länder und Gemeinden fallen, konnte der Bund bis dato dort keine Asylwerber gegen den Willen der Länder und Gemeinden unterbringen.

Soweit, so kompliziert. Ein kurzer Überblick über die Grundversorgung wie Betreuung der Asylwerber wird weitere Verwirrung stiften.

Leistungen in der Grundversorgung

Zunächst einmal gilt es zu unterscheiden, ob der Asylwerber in einer organisierten oder privaten Unterkunft wohnt. In einer vom Bund oder Land organisierten Unterkunft erhält der Quartiergeber - wohlgemerkt nicht der Asylwerber - € 19 pro Tag und Person für Kost und Logis. Der Asylwerber bekommt monatlich eine Art Taschengeld in der Höhe von € 40 zur freien Verfügung.

Eine Sonderform stellen sogenannte Selbstversorgungsquartiere dar. In diesen Unterkünften kümmern sich die Asylwerber selbst um die Verpflegung. Daher erhalten sie je nach Bundesland zwischen € 3,50 und € 6,50 von besagten € 19, um sich das Essen kaufen zu können. In der Steiermark beispielsweise erhält der Quartiergeber bei der Selbstversorgung einen Tagsatz von € 12 für die Unterkunft, der Asylwerber bekommt im Monat € 150 für die Verpflegung.

Wohnt ein Asylwerber selbstständig, also privat zur Miete, erhält er maximal € 320 pro Monat. Diese müssen dann für Miete, Strom, Essen und alle anderen Kosten reichen. Überschlagen Sie nur kurz Ihre Fixkosten. Unabhängig von der Art der Unterbringung erhalten Asylwerbende eine Krankenversicherung, jährliche Zuschüsse für Kleidung und Schulbedarf.

Wirklich unübersichtlich wird es, wenn man der Frage nachgehen will, wer denn für die Betreuung der Asylwerber zuständig is. Denn in ganz Österreich gibt es rund 700 verschiedene Einrichtungen für Asylwerber, die auf vertraglicher Basis von NGOs betrieben werden. Das Land Steiermark hat einen Vertrag mit der Caritas, Niederösterreich mit der Caritas und der Diakonie. Die Volkshilfe unterhält Verträge mit Wien und Oberösterreich. Ein jedes Bundesland hat also seine eigenen Regelungen diesbezüglich.

Die Betreuung von Asylwerbern ist aber nicht nur Sache diverser NGOs, sondern auch ein Geschäftszweig. ORS steht für "Organisation für Regie und Spezialaufträge" und ist der Asyldienstleister im deutschsprachigen Raum. ORS ist keine gemeinnützige Organisation sondern ein normales, daher auch gewinnorientiertes, Unternehmen. Seit den 1990ern arbeitet die Firma im Asylbereich in der Schweiz. Die österreichische Tochterfirma ist seit 2012 mit der Betreuung der Flüchtlingen in den Einrichtungen des Bundes betraut, zudem betreut man einzelne Quartiere in und von diversen Bundesländern.

Mindestanforderungen an Flüchtlingsquartiere

Seitens des Bundes wurden gewisse Mindestanforderungen zur Unterbringung von Flüchtlingen definiert. Diese müssen eingehalten werden. Jedes Bundesland hat zusätzlich eigene Regelungen, die allerdings nur positiv abweichend (z.B. mehr Raum oder höhere Tagsätze) sein dürfen.

Folgende Mindeststandards müssen erfüllt werden - neben baubehördlichen Genehmigungen, Betriebsanlagengenehmigung, Gewerbeberechtigung und feuerpolizeilicher Überprüfung:
  • Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel, Einrichtungen für täglichen Bedarf
  • Mindestfläche für 1 Person: 8 m²; Mindestfläche für jede weitere Person: 4 m²
  • Gemeinschaftsflächen innerhalb und außerhalb des Gebäudes
  • Mindestausstattung der Zimmer: Garderobe, Tisch, Bett, Kasten, Sessel
  • Berücksichtigung von ethnischen, religiösen, sprachlichen Unterschieden und Familieneinheiten bei Zimmerzuweisung
  • Geschlechtlich getrennte, abschließbare Sanitäranlagen
  • Mindestausstattung: Dusche, Waschtisch, WC-Anlage (für je max. 10 Personen)
  • Waschmaschinen und Trockenmöglichkeit oder Jetons von nahegelegenen Waschsalons
  • Bei Vollversorgerquartieren: ausgewogene Mahlzeiten, warmes Mittagessen, Berücksichtigung besonderer Essensvorschriften (z.B.: religiöser)
  • Bei Teil- & Selbstversorgerquartieren für je 12 Personen: Herd mit 4 Platten und Backrohr, Kühlschrank, Gefrierfach, Spüle, Küchenkästen, Geschirr
  • Soziale Betreuung (Beratung, Information, Betreuung) von Bundesland sichergestellt und organisiert

Wohnraumspenden leicht gemacht

Wie Sie sehen, gilt es einiges zu beachten, wenn man Wohnraum für Flüchtlinge schaffen will. Damit Sie sich nicht mit allen rechtlichen wie bürokratischen Details auseinandersetzen müssen, gibt es verschiedene Initiativen, Projekte und Kontaktadressen, an die Sie sich wenden können.

Auf spendeninfo.at werden Ihnen zahlreiche Möglichkeiten einer Wohnraumspende für Menschen auf der Flucht vorgestellt. Allen Initiativen in diesem Bereich ist eines gemeinsam: Wohnraumspenden möglichst einfach und unkompliziert zu gestalten. Meistens reicht es, grundlegende Informationen über den potentiellen Wohnraum bekannt zu geben, alles weitere wird dann für Sie in die Wege geleitet.