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Arm trotz Arbeit

In Österreich sind acht Prozent der berufstätigen Bevölkerung von Erwerbsarmut betroffen. Unter anderem Alleinerzieher*innen und Niedriglöhner fallen oft unter die Kategorie Working Poor.
Kinder am Fenster
Familien mit vielen Kindern oder Alleinerziehende sind oft von Erwerbsarmut betroffen. Denn durch Betreuungspflichten können die Eltern nur eine begrenzte Stundenanzahl arbeiten gehen. © unsplash / Kelly Sikkema
Eine neue Waschmaschine ist zu kostspielig, die Schulausflüge der Kinder nicht zu finanzieren und das Geld reicht am Ende des Monats kaum aus um noch genügend Lebensmittel zu kaufen - und das alles obwohl einer Arbeit nachgegangen wird. Unter dem Begriff Working Poor werden Personen gezählt, deren monatliches Einkommen trotz Erwerbstätigkeit unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegt. In Österreich ist diese Grenze im Jahr 2021 bei 1.328 Euro Nettoeinkommen monatlich für einen Ein-Personen-Haushalt beziehungsweise 2.789 Euro für einen Haushalt mit zwei Erwachsene und zwei Kindern festgesetzt. Proportional stärker von Erwerbsarmut betroffen sind Alleinerzieher*innen, Personen die einer Niedriglohnarbeit nachgehen, Familien mit vielen Kindern, sowie Arbeiter*innen die keine fundierte Ausbildung abgeschlossen haben oder auch Migrant*innen.
Armut ist vielseitig und oft unsichtbar. Aber in jedem Fall bedeutet Armut permanente Existenzangst und sozialen Ausschluss. Die Corona-Krise hat auch Menschen in Notlagen gebracht, die zuvor noch nie von Armut bedroht waren.
- Caritas Österreich
Handelsangestellte, Reinigungspersonal als auch Servicemitarbeiter*innen sind nur Beispiele für Berufsgruppen, die mit ihrem Einkommen teilweise kaum auskommen. Die geringe Bezahlung in bestimmten Branchen, bei freiberuflichen Tätigkeiten oder bei Leiharbeit ist eine der Ursachen für Erwerbsarmut. Eine weitere ist die Anstellung in einer begrenzten Stundenanzahl, welche durch Betreuungspflichten oder Angebotsmangel zustande kommt. Eine Mutter mit zwei Kindern im Kleinkindalter, kann beispielsweise nicht Vollzeit arbeiten, wenn sie sich die Betreuungsplätze nicht leisten kann. "Auch wenn Erwerbstätigkeit das Armuts- oder Ausgrenzungsrisiko generell reduziert, gibt es prekäre Beschäftigungsformen, für die dies nicht gilt. Die „Working Poor“-Quote betrug in Österreich 8%", so das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz im Bericht COVID-19: Analyse der sozialen Lage in Österreich aus dem Jahr 2020. Acht Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung arbeiten demnach in Anstellungen, mit deren Verdienst sie als armutsgefährdet gelten. Vor allem in Familien leidet auch der Nachwuchs unter der Situation. Etwa 146.000 der Haushalte, die Erwerbsarmut verzeichnen, sind mit Kindern, so die Armutskonferenz im April dieses Jahres.
Geldbörse mit wenig Geldscheinen
Mit wenig Geld die Ausgaben des Monats finanzieren ist ein Problem mit dem Working Poor-Betroffene zu kämpfen haben. © pexels / cottonbro
Die Corona-Pandemie hat die Situation für viele Menschen teils verschärft, andere sind durch den unerwarteten Jobverlust, Kurzarbeit oder den Konkurs des eigenen Unternehmens aufgrund von Auswirkungen der Krise in die Armutsgefährdung gerutscht. Eine Studie des Tiroler Armutsforschungsforums in Zusammenarbeit mit dem Land Tirol aus Dezember 2021 unterstreicht das Problem und verweist zusätzlich darauf, dass sich die gesamten Auswirkungen der Pandemie auf den Bereich Armut erst in späterer Folge zeigen werden.

Auswirkung auf fast alle Lebenslagen

Armut wirkt sich auf viele Lebensbereiche negativ aus. Am offensichtlichsten scheinen die Probleme in Zusammenhang mit der Finanzierung der Kosten für das tägliche Leben wie Miete, Lebensmittel, Hygieneprodukte und Kleidung. Doch auch auf die Bildungschancen, die Gesundheit und das kulturelle Leben hat Armut einen signifikanten Einfluss. "Menschen, die am Limit leben, haben geringere Aufstiegschancen. Ihre Zukunft wird von der sozialen Herkunft bestimmt. In Österreich haben Kinder armer Menschen eine schlechtere Chance auf eine gute Ausbildung – der soziale Status der Eltern beeinflusst in den meisten Fällen die Bildungs- und damit die Einkommenschancen der Kinder", betont die Armutskonferenz zum Beispiel. Zudem werden arme Menschen öfter krank, leiden teils an stressbedingten Symptomen wie Magen- oder Kopfschmerzen und erhalten in vielen Fällen nicht die gleiche medizinische Versorgung.

Und Armut kann jeden von uns treffen. Spätestens seit der Corona-Krise wurde das vielen, zuvor finanziell abgesicherten, Menschen hierzulande am eigenen Leib bewusst. "Das alles sind Menschen, die zuvor keine existentiellen Nöte kannten. Die Not, die Armut mit sich bringt, ist in diesen Fällen auf den ersten Blick im Alltag gar nicht sichtbar und dennoch ist sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen", so die Caritas Österreich in einem Statement. Umso wichtiger ist es die Bevölkerung über die Probleme und die Hintergründe von Armut aufzuklären und die öffentliche Diskussion sowie den politischen Diskurs voranzutreiben, um die Familien und Personen in Notlagen zu entlasten und unterstützen zu können.

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