Skip to main content

Vernachlässigte tropische Krankheiten: Afrikanische Schlafkrankheit

Trypanosomiasis wird durch den schmerzhaften Stich der Tsetsefliege übertragen. Unbehandelt endet die Schlafkrankheit in aller Regel tödlich.
Leeres Bett in abgedunkeltem Zimmer
Die Afrikanische Schlafkrankheit führt in einem fortgeschrittenem Stadium zu ausgeprägten Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, unbehandelt endet die Krankheit tödlich. © Krista Mangulsone / Unsplash
Der schmerzhafte Stich der Tsetse-Fliege bleibt bei Opfern nicht unbemerkt. Mit ihrem spitzen Stachel kann das Insekt sogar durch Kleidung hindurchstechen, auch wenn unbedeckte Stellen bevorzugt werden. Erfolgt der Stich, müssen vor allem Menschen in den tropischen Gebieten Afrikas alarmiert sein. Denn nicht selten trägt die Fliege einen Parasit in sich, der eine tödliche Erkrankung auslöst: Human African Trypanosomiasis (HAT). Im deutschsprachigen Raum ist die Infektionserkrankung vor allem unter dem Namen "Afrikanische Schlafkrankheit" bekannt. Der Stich der Tsetse-Fliege kann tausende Krankheitserreger - Protozoen - in den Wirten übertragen. Je nachdem welche Unterart der Trypanosomiasis übertragen wurde, verläuft die Erkrankung innerhalb Wochen bis auch Jahren tödlich.

Mehr als 90 Prozent der bekannten Fälle werden durch den Parasiten "Trypanosoma brucei gambiense" ausgelöst, der vor allem in West- und Zentralafrika verbreitet ist. Die zweite Untergruppe "Trypanosoma brucei rhodesiense", die etwa in Tansania vorkommt, macht hingegen nur rund fünf Prozent der gemeldeten Fälle aus. Die Version HAT gambiense wird oft erst nach Jahren der Erkrankung entdeckt, da sie sehr langsam voranschreitet. HAT rhodesiense kann hingegen innerhalb weniger Woche zum Tod führen. Die meisten gefährdeten Menschen leben in ländlichen Gebieten und sind auf Landwirtschaft, Fischfang, Viehzucht oder Jagd angewiesen, Touristen erkranken eher selten. Dank Kontrollbemühungen hat sich die Zahl der Neuerkrankungen in den letzten 20 Jahren um 97 Prozent reduziert, hält die WHO fest. Heute sind noch rund 77 Millionen Personen potentiell der Gefahr ausgesetzt an der Afrikanischen Schlafkrankheit zu erkranken (siehe Karte).
Je nachdem, in welchem Stadium der Krankheit, Patient*innen eine Behandlung erhalten, bleiben Langzeitfolgen zurück. Je schneller an der Schlafkrankheit Erkrankte, die richtige Behandlung erhalten – desto höher ihre Chance zu überleben und vollständig zu genesen. - Ärzte ohne Grenzen

Die 3 Stadien der Krankheit

Der Verlauf der afrikanischen Schlafkrankheit zeichnet sich typischerweise in drei Stadien ab. Übertragen werden die Parasiten via dem schmerzhaften Stich der infizierten Tsetse-Fliege, häufig ist die Einstichstelle im freiliegenden Gesichts- oder Halsbereich. Tage oder Wochen später entstehen in vielen Fällen sowohl Rötungen, als auch Schwellungen im Bereich des Stichs. Die Parasiten beginnen sich dann nach und nach über die Blut- und Lymphwege im ganzen Körper auszubreiten. Das Stadium 1 der Schlafkrankheit ist vorwiegend durch wiederkehrendes Fieber, Schüttelfrost, Ödeme, Lymphknotenschwellungen, Hautausschlag und Juckreiz gekennzeichnet. Auch starke Kopf- und Gliederschmerzen, sowie Abgeschlagenheit sind Hinweise für eine Erkrankung. Im Stadium 2 wird das zentrale Nervensystem immer mehr befallen. Diese Phase gibt der Krankheit auch ihren deutschen Namen, denn die neurologischen Ausprägungen zeigen sich in ausgeprägten Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Zudem werden Verwirrtheit, Zittern, Krampfanfälle, Muskelstarre und eine gestörte Bewegungskoordination symptomatisch. Bei einigen Betroffenen ist auch eine starke Persönlichkeitsänderung zu bemerken, da sie etwa aggressiver und gereizter werden. Im Endstadium  - Stadium 3 - verfallen Patien*innen in ein Koma und versterben.
© Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF)
Je nachdem wie früh eine Erkrankung mit der Afrikanischen Schlafkrankheit erkannt wird, desto besser stehen die Chancen diese zu heilen bzw. nicht zu viele Langzeitfolgen davonzutragen. Jahrelang wurde aus Mangel an Alternativen für die Behandlung das arsenhaltige Medikament Melarsoprol, das arsenhaltig ist, verwendet, welches via Injektion verabreicht wurde. Leider verstarben im Schnitt einer von 10 Patient*innen durch die Spritze. Mit Ende 2018 konnte die unsichere Behandlungsweise durch eine neue Pille abgelöst werden. Mit Fexinidazol wurde nicht nur ein sicheres Medikament auf den Markt gebracht, gleichzeitig ist es mit einem geringeren finanziellen Aufwand verbunden und so für Betroffene leistbar. Fexinidazol hat zudem keine gravierenden oder tödlichen Nebenwirkungen. "Dieses wurde von der DNDi entwickelt und 2018 zugelassen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur empfiehlt Fexinidazol als erste rein orale Behandlung, der Wirkstoff kann einfach per Tablette eingenommen werden", beschreibt Ärzte ohne Grenzen die neue Behandlungsmethode.

Als Teil der "Neglected Tropical Diseases" (dt. Vernachlässigte tropische Krankheiten) zählt HAT zu der Gruppe von armutsassoziierten, meist in tropischen Ländern vorkommenden Krankheiten. Aufgrund dessen wird sehr wenig Geld und Zeit in die Erforschung von Behandlungsmöglichkeiten investiert. Mithilfe von Fexinidazol wurde dennoch ein Medikament zur Therapie entwickelt und somit ein Weg gefunden die weit verbreitete Erkrankung einzudämmen und das Gesundheitsproblem unter Kontrolle zu bekommen. Aufgrund der Abgeschiedenheit und teils auch schwerer Erreichbarkeit der armutsbetroffenen relevanten gebiete, ist der Kampf gegen die Tropenkrankheit aber noch lange nicht am Ende.

NGOs im Einsatz

Einige österreichische Hilfsorganisationen setzen sich für die Bekämpfung, Behandlung und Entwicklung von Medikamenten von und für vernachlässigte tropische Krankheiten ein. Die Afrikanische Schlafkrankheit ist so zum Beispiel ein Fachgebiet von Ärzte ohne Grenzen und plan:g. "Es muss gelingen, vernachlässigte Tropenkrankheiten in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Nur so können wir die forschende Pharmabranche und auch die öffentlich finanzierte universitäre Forschung zu noch größeren Anstrengungen bewegen", beton plan:g in Bezug auf NTDs.

NGO's zum Thema

plan:g
plan:g

plan:g

Die Stiftung, die bis Februar 2018 unter dem Namen Aussätzigen-Hilfswerk Österreich auftrat, bekämpft Armutskrankheiten wie Lepra in Entwicklungsländern.
Ärzte ohne Grenzen
Ärzte ohne Grenzen

Ärzte ohne Grenzen

Ärzte ohne Grenzen leistet in Ländern medizinische Nothilfe, in denen die Gesundheitsstrukturen zusammengebrochen sind.