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Vermehrt Angriffe auf Krankenhäuser

MSF beklagt nach Angriffen auf ihre Einrichtungen in Afghanistan und dem Jemen nun auch Angriffe auf zahlreiche Spitäler in Syrien. Das IKRK appelliert an Staaten, Waffenträger, humanitäre Vertreter und Gesundheitsorganisationen.
CC BY 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/
225 zusätzliche Familien flüchteten allein in der vergangenen Woche in das Flüchtlingslager Atmeh in Aleppo wo sich bereits über 110.000 intern Vertriebene aufhalten. © Freedom House
Nachdem bei einem Luftangriff auf ein Spital der Ärzte ohne Grenzen (MSF) im afghanischen Kunduz zumindest 30 Menschen ums Leben kamen, folgte nur wenige Wochen darauf ein weiterer Angriff auf ein Gesundheitszentrum im Jemen. Doch auch in Syrien sind Luftangriffe auf medizinische Einrichtungen seit geraumer Zeit keine Seltenheit mehr. Das beklagt die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, die seit jeher medizinische Nothilfe in Kriegsgebieten leistet, kürzlich in einer Aussendung.

35 Todesopfer durch Angriffe auf Spitäler

Im vom Bürgerkrieg geplagten Syrien sind Ärzte ohne Grenzen seit vielen Jahren mit sechs eigenen medizinischen Einrichtungen und über 150 Kliniken, die direkte Unterstützung von MSF erhalten, vertreten. Ende September nahmen die Luftangriffe in den nordsyrischen Regionen Idlib, Aleppo und Hama schlagartig zu.

Seither gerieten zwölf Krankenhäuser in diesen Gebieten unter Beschuss - sechs davon erhalten Unterstützung von MSF - und sechs dieser Spitäler mussten gar schließen. Insgesamt wurden vier der angegriffenen Gesundheitseinrichtungen gänzlich zerstört, berichtet Ärzte ohne Grenzen.

Bei den Luftangriffen kamen mindestens 35 Patienten und Krankenhaus-Mitarbeiter ums Leben, 72 wurden verletzt. Zeitgleich mit dem Anstieg der Angriffe startete Russland mit Unterstützung der syrischen Regierung am 30. September seine Luftkampagne in derselben Region.

Missachtung des Humanitären Völkerrechts

Neben der horrenden Zunahme an intern Vertriebenen, "als Folge der verstärkten Angriffe in der Region", beklagt MSF vor allem die wissentliche Missachtung des Humanitären Völkerrechts aller Konfliktparteien. 

Sylvain Groulx, Leiter der Ärzte ohne Grenzen in Syrien, zeigt sich verblüfft über die aktuellen Entwicklungen: "We can only wonder whether this concept is dead." Eine Vielzahl humanitärer und medizinischer Akteure inklusive Ärzte ohne Grenzen hätten wiederholt den Stopp solcher Angriffe im ganzen Land gefordert, meint Groulx weiter: "but are our voices being heard?"

"Gesundheitsversorgung in Gefahr"

Bereits im Jahr 2008 sah sich das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) aufgrund der zunehmenden Schwierigkeiten hinsichtlich einer sicheren Gesundheitsversorgung in Konfliktregionen dazu veranlasst, in 16 von Krieg und anderen Notsituationen betroffenen Ländern eine Studie durchzuführen. Im Zuge der Datenerhebung und -analyse kam man zu dem Ergebnis, dass "es sich angesichts der Konsequenzen um ein komplexes humanitäres Problem [handele]", beschreibt der Leiter des "Health Care in Danger"-Projekts, Babak Ali Naraghi, in seinem Bericht "Healthcare in Danger - wie aus Helfern Opfer werden".

Die Initiative "Health Care in Danger" (HCID) wurde auf Grundlage der präsentierten Ergebnisse dieser Studie im Zuge der Internationalen Konferenz des Rotes Kreuzes und Roten Halbmondes im Jahr 2011 von der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung ins Leben gerufen. Ziel der internationalen Kampagne ist es, den Zugang zu medizinischer Versorgung zu verbessern und die Sicherheit dieser in bewaffneten Konflikten und anderen Notsituationen zu erhöhen.

Im Zuge des internationalen Projekts erfolgte im Zeitraum von Jänner 2012 bis Dezember 2014 eine erneute Erhebung in elf Ländern, die die Verbreitung von Angriffen auf Gesundheitseinrichtungen darstellen sollte. Das alarmierende Ergebnis zeigt, dass in diesen drei Jahren in den beobachteten Ländern 2.398 Angriffe auf Personal, Einrichtungen und Fahrzeuge von Gesundheitseinrichtungen zu verzeichnen waren.

Das IKRK, als Mitglied und Partner der "Health Care in Danger"-Initiative, appelliert an "Staaten, Waffenträger, internationale und nationale humanitäre Vertreter und Gesundheitsorganisationen, den aus dem Projekt resultierenden Empfehlungen dringend Aufmerksamkeit zu schenken".

Unter den Hashtags #ProtectHealthCare und #HCID wird in Sozialen Medien zum Schutz der Gesundheitsversorgung aufgerufen.