Lebensmitteltransfer: Die Schatzsuche der anderen Art
Das gesellschaftliche Bewusstsein für den verschwenderischen Umgang mit Nahrungsmitteln wächst stetig. Anders als moderne Food-Blogs, die sich der "Resteküche" widmen, sichert die Wiener Tafel jedes Jahr rund 500 Tonnen Essbares und versorgt damit hilfsbedürftige Menschen. Durch eine neue Lagerhalle möchte der Verein seine Kapazitäten künftig verdoppeln.
Rund 900 Kilogramm an Nahrungsmitteln werden jährlich für jede Europäerin und jeden Nordamerikaner produziert, während für die Bewohner*innen der subsaharischen Staaten Afrikas mit 460 Kilogramm lediglich die Hälfte erzeugt wird. Jedoch handelt es sich dabei nicht um jene Mengen, die tatsächlich pro Kopf verzehrt werden, denn hier wie dort landen pro Jahr in etwa ein Drittel der essbaren Nahrungsmittel auf keinem Teller – einem 2011 erschienenen Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge sind es weltweit 1,3 Milliarden Tonnen jährlich.
Der große Unterschied: zwar gehen in subsaharischen Ländern (wie auch in anderen Staaten des globalen Südens) noch vor der Ernte bis hin zur Verarbeitung durchschnittlich 58 Kilogramm Lebensmittel pro Person verloren, wie beispielsweise durch Missernten. Allerdings sind es nur 6 bis 11 Kilogramm, sobald sie als Ware zum Verkauf stehen oder bereits gekauft wurden. In Europa und Nordamerika werden hingegen pro EinwohnerIn bis zu 115 Kilogramm genießbare Nahrungsmittel weggeworfen. So ist der Nahrungsmittelverlust der Industrieländer mit 230 Millionen Tonnen pro Jahr beinahe genauso hoch, wie die Menge, die in den subsaharischen Staaten Afrikas insgesamt angebaut und produziert wird.
Der große Unterschied: zwar gehen in subsaharischen Ländern (wie auch in anderen Staaten des globalen Südens) noch vor der Ernte bis hin zur Verarbeitung durchschnittlich 58 Kilogramm Lebensmittel pro Person verloren, wie beispielsweise durch Missernten. Allerdings sind es nur 6 bis 11 Kilogramm, sobald sie als Ware zum Verkauf stehen oder bereits gekauft wurden. In Europa und Nordamerika werden hingegen pro EinwohnerIn bis zu 115 Kilogramm genießbare Nahrungsmittel weggeworfen. So ist der Nahrungsmittelverlust der Industrieländer mit 230 Millionen Tonnen pro Jahr beinahe genauso hoch, wie die Menge, die in den subsaharischen Staaten Afrikas insgesamt angebaut und produziert wird.
"Das sind einwandfreie, genusstaugliche Produkte, die aus unterschiedlichsten Gründen in unserer Gesellschaft nach wie vor in den Müll wandern", erzählt Markus Hübl von der Wiener Tafel. 2016 rettete Österreichs älteste Tafelorganisation fast eineinhalb Tonnen an Nahrungsmitteln und Hygieneprodukten pro Tag, die sonst entsorgt worden wären:
"Sei es, dass das sogenannte Mindesthaltbarkeitsdatum naht, das über die Qualität des Produktes nichts aussagt. Sei es, dass Produkte fehlettiketiert wurden, ein Logistikfehler passiert ist. Vielleicht sogar Lebensmittel palettenweise an den falschen Ort geschickt wurden: Das Zurücksenden wäre so teuer, dass das Wegwerfen Mittel der Wahl ist. Also viele Gründe, die dazu führen, dass Lebensmittel in der Wertschöpfungskette, obwohl sie genusstauglich und einwandfrei sind, weggeworfen werden." Markus Hübl, Marketing- und PR-Manager der Wiener Tafel
Weil sie der gewaltigen Lebensmittelüberproduktion und gleichzeitig der sozialen Ungleichheit in Österreich etwas entgegensetzen wollten, starteten vier Studierende der Wiener Sozialakademie 1999 ein soziales Logistikunternehmen. Denn die Wiener Tafel ist keine Food Bank, wo Bedürftige Nahrungsmittel zu günstigen Preisen oder kostenlos erwerben können: Vier Kleinlaster sind von Montag bis Samstag auf Wiens Straßen unterwegs, um die überschüssigen Produkte von rund 150 kooperierenden Geschäften und Betrieben abzuholen und direkt dorthin zu liefern, wo sie am dringendsten benötigt werden – zu Sozialeinrichtungen.
"Sei es, dass das sogenannte Mindesthaltbarkeitsdatum naht, das über die Qualität des Produktes nichts aussagt. Sei es, dass Produkte fehlettiketiert wurden, ein Logistikfehler passiert ist. Vielleicht sogar Lebensmittel palettenweise an den falschen Ort geschickt wurden: Das Zurücksenden wäre so teuer, dass das Wegwerfen Mittel der Wahl ist. Also viele Gründe, die dazu führen, dass Lebensmittel in der Wertschöpfungskette, obwohl sie genusstauglich und einwandfrei sind, weggeworfen werden." Markus Hübl, Marketing- und PR-Manager der Wiener Tafel
Weil sie der gewaltigen Lebensmittelüberproduktion und gleichzeitig der sozialen Ungleichheit in Österreich etwas entgegensetzen wollten, starteten vier Studierende der Wiener Sozialakademie 1999 ein soziales Logistikunternehmen. Denn die Wiener Tafel ist keine Food Bank, wo Bedürftige Nahrungsmittel zu günstigen Preisen oder kostenlos erwerben können: Vier Kleinlaster sind von Montag bis Samstag auf Wiens Straßen unterwegs, um die überschüssigen Produkte von rund 150 kooperierenden Geschäften und Betrieben abzuholen und direkt dorthin zu liefern, wo sie am dringendsten benötigt werden – zu Sozialeinrichtungen.
"Bei dieser Umverteilung gibt es nur Gewinner"
Tag für Tag werden so in 117 belieferten Institutionen 19.000 armutsbetroffene Menschen mit kostenlosen Mahlzeiten und Hygieneartikeln versorgt. Zwei Mal pro Woche wird einer der Lieferwagen von Alfred Guttmann gesteuert, seit sechs Jahren ist er mit Begeisterung dabei. Der Pensionist sieht in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit nicht nur den gesellschaftlichen Nutzen, sondern auch einen persönlichen:
"Bei dieser Umverteilung, sag ich immer, gibt es nur Gewinner: Es gewinnen die Supermärkte oder Produzenten, die weniger Waren entsorgen oder vernichten müssen. Es gewinnt die Umwelt, weil sie weniger belastet wird und vor allem gewinnen die Sozialeinrichtungen, denen wir beim Helfen helfen. Und ich persönlich zähle mich auch zu den Gewinnern, weil ich etwas tun darf, das klug und sinnvoll ist." Alfred Guttmann, Ehrenamtlicher der Wiener Tafel
Die 377 Freiwilligen der Wiener Tafel fahren gemeinsam über 1.600 Lieferungen jährlich aus und sind damit die wichtigste "Ressource" des Vereins, wie Markus Hübl dankbar betont. Ein engagiertes, elfköpfiges Team kümmert sich um das Tagesgeschäft.
Wachstum für den guten Zweck
2017 verspricht noch ein spannungsreiches Jahr zu werden, denn mit Mai darf die Wiener Tafel eine Lagerhalle am Großmarkt Wien-Inzersdorf ihr Eigen nennen. Konnten bisher nur kleinere Warenmengen im Lagerraum, der an das Vereinsbüro auf der Simmeringer Hauptstraße angeschlossen ist, untergebracht werden, so wird mit dem neuen "TafelHaus" das gesamte Logistikkonzept neu aufgestellt: In Zukunft werden gespendete Lebensmittel und Hygieneprodukte gelagert und bedarfsgerecht vorsortiert, ehe sie von den einzelnen Sozialeinrichtungen abgeholt werden. Ziel sei es, so Markus Hübl, "innerhalb von drei Jahren die Menge an geretteten Lebensmitteln zu verdoppeln, aber auch um 100 Prozent mehr Armutsbetroffene mit diesen sehr begehrten, gesunden und frischen Lebensmitteln zu versorgen".
Darüber hinaus wird das neue "TafelHaus" auch Projekte wie "Marmelade mit Sinn" beherbergen. Gemeinsam mit Ehrenamtlichen der Wiener Tafel und Cornelia Diesenreiter, Köchin und Gründerin des Start-Ups "Unverschwendet", kochen Asylwerber*innen Marmeladen und Chutneys aus geretteten Zutaten ein und kommen so, in lockerer Atmosphäre, in Kontakt mit Österreicher*innen und der deutschen Sprache. Die Umbaukosten für das "TafelHaus" in Höhe von 100.000 Euro konnten mittlerweile zur Hälfte aus Privat- und Firmenspenden gedeckt werden. Es sind Zeitspenden, auf die der Verein nun angewiesen ist: Auf zusätzliche freiwillige Mitarbeiter*innen mit handwerklichem Know-How, die beim Umbau tatkräftig mithelfen möchten.
Darüber hinaus wird das neue "TafelHaus" auch Projekte wie "Marmelade mit Sinn" beherbergen. Gemeinsam mit Ehrenamtlichen der Wiener Tafel und Cornelia Diesenreiter, Köchin und Gründerin des Start-Ups "Unverschwendet", kochen Asylwerber*innen Marmeladen und Chutneys aus geretteten Zutaten ein und kommen so, in lockerer Atmosphäre, in Kontakt mit Österreicher*innen und der deutschen Sprache. Die Umbaukosten für das "TafelHaus" in Höhe von 100.000 Euro konnten mittlerweile zur Hälfte aus Privat- und Firmenspenden gedeckt werden. Es sind Zeitspenden, auf die der Verein nun angewiesen ist: Auf zusätzliche freiwillige Mitarbeiter*innen mit handwerklichem Know-How, die beim Umbau tatkräftig mithelfen möchten.
Gemeinsam speisen, gemeinsam etwas verändern
Trotz des Engagements der Tafelorganisationen landen Jahr für Jahr 700.000 Tonnen genießbarer Nahrungsmittel auf Österreichs Müllhalden. Das zweite Standbein der Wiener Tafel heißt daher Bewusstseinsbildung, denn erst wenn in den Haushalten Genießbares nicht mehr weggeworfen wird, bloß weil das Haltbarkeitsdatum knapp überschritten wurde, kann darauf gehofft werden, dass auch die Lebensmittelindustrie ihre Überproduktion zu überdenken beginnt.
So geht die Informations- und Genussveranstaltung "Lange Tafel" am 23. Mai in die neunte Runde: Bei einem gemeinsamen Essen, frisch zubereitet in der Show-Küche, werden Wiens Bewohner*innen mit dem Thema Lebensmittelverschwendung vertraut gemacht. Das Rahmenprogramm für Klein und Groß bietet neben Wienerischer Live-Musik nicht nur etwas für die Ohren, sondern etwas für alle Sinne:
"Wir wollen nicht nur Kinder sondern auch Erwachsene auf sehr spielerische Weise an Lebensmittel heranführen mit unserem Geruchs- und Geschmackslabor. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass viele Kinder gar nicht wissen, was Topfen ist und wo er herkommt, oder wie man beurteilen kann, ob ein Joghurt noch genusstauglich ist oder nicht mehr." Markus Hübl, Marketing- und PR-Manager der Wiener Tafel
Die "Lange Tafel" findet heuer erstmals am Rathausplatz statt und soll zudem die längste aller bisherigen Tafeln werden, erklärt Markus Hübl ehrgeizig.
So geht die Informations- und Genussveranstaltung "Lange Tafel" am 23. Mai in die neunte Runde: Bei einem gemeinsamen Essen, frisch zubereitet in der Show-Küche, werden Wiens Bewohner*innen mit dem Thema Lebensmittelverschwendung vertraut gemacht. Das Rahmenprogramm für Klein und Groß bietet neben Wienerischer Live-Musik nicht nur etwas für die Ohren, sondern etwas für alle Sinne:
"Wir wollen nicht nur Kinder sondern auch Erwachsene auf sehr spielerische Weise an Lebensmittel heranführen mit unserem Geruchs- und Geschmackslabor. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass viele Kinder gar nicht wissen, was Topfen ist und wo er herkommt, oder wie man beurteilen kann, ob ein Joghurt noch genusstauglich ist oder nicht mehr." Markus Hübl, Marketing- und PR-Manager der Wiener Tafel
Die "Lange Tafel" findet heuer erstmals am Rathausplatz statt und soll zudem die längste aller bisherigen Tafeln werden, erklärt Markus Hübl ehrgeizig.
"Projekt des Monats" - Zahlen & Fakten
Die Wiener Tafel – Verein für sozialen Transfer
Wiener Tafel (Spenden steuerlich absetzbar)
IBAN: AT09 2011 1310 0530 3005
- Gründung der Wiener Tafel am 9.9.1999
- "Sozialspedition" kümmert sich um die Umverteilung noch genießbarer Lebensmittel
- 4 Tonnen Lebensmittel werden täglich gerettet
- 19.000 Armutsbetroffene in und um Wien werden versorgt
- 421 Ehrenamtliche unterstützen den Verein
- Spenden finanzieren den Fuhrpark sowie zukünftige Projekte wie das Tafelhaus
Wiener Tafel (Spenden steuerlich absetzbar)
IBAN: AT09 2011 1310 0530 3005