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Vernachlässigte tropische Krankheiten: Flussblindheit

Wie der Name verrät kommt Onchozerkose meist in der Nähe von Fließgewässern vor. Auslöser für die Erblindung sind Fadenwürmer.
Boot auf Fluss
Die Überträgerfliegen von Onchozerkose leben in Gebieten nahe fließendem Gewässer. Einmal infiziert können adulte Fadenwürmer bis zu 15 Jahre im menschlichen Körper überleben. © Kenza Loussouarn / Pexels
Onchozerkose, umgangssprachlich auch als Flussblindheit bekannt, wird durch einen parasitären Wurm verursacht, welcher sich nach einer Infektion im gesamten Körper verbreiten kann. Die Fadenwürmer gelangen durch die Bisse von Kriebelmücken der Gattung Simulium in den menschlichen Körper und produzieren dort immer mehr Larven. Die übertragende Mücke ist vorrangig in tropischen Gebieten Afrikas und Amerikas in Fluss- und Bachnähe von fruchtbarem Land zu finden und gefährdet somit vorranging die landwirtschaftlich tätige, Großteils von Armut geprägte, Bevölkerung. Aufgrund der starken Verbreitung zählt Flussblindheit zu den "Big Five" der vernachlässigten tropischen Krankheiten und somit zu jener Gruppe der NTDs (neglected tropical disease), die für 90 Prozent der armutsassoziierten Tropenkrankheiten verantwortlich ist.

Eine Infektion führt in rund zehn Prozent der Fälle dazu, dass die Parasiten in die Augen gelangen, dort absterben und eine Entzündung auslösen, welche im weiteren Verlauf zu der Trübung des Auges und schlussendlich der irreversiblen Erblindung führt. Zudem schwächt die Infektion das Immunsystem von Betroffenen.
Mehr als 99 Prozent der Infizierten leben in 31 afrikanischen Ländern. - Weltgesundheitsorganisation
Insgesamt rund 220 Millionen Menschen weltweit sind der Gefahr ausgesetzt durch den Parasiten zu erkranken, über eine Millionen Personen haben aufgrund einer Onchozerkose-Erkrankung ihr Augenlicht verloren, so die Schätzungen. Die Auswirkungen einer Infektion zeigen sich anhand eines starken Juckreizes der Haut, Hautausschlägen, Entzündungen, Schwellungen und zentimetergroßen Hautknoten. Sind die Augen betroffen, ist eine fortschreitende Trübung zu erkennen, nach einer gewissen Zeit erblinden die Menschen dann für immer.
Tabeltten in Verpackung
Bei der Vergabe des Medikaments Ivermectin werden die Larven der Fadenwürmer abgetötet. © Brett Jordan / Unsplash

Erblindung vermeiden

In den 1970er Jahren wurde mit dem Medikament Ivermectin beziehungsweise Mectizan ein Mittel gefunden, welches die Krankheit vorbeugen kann. Das medizinische Produkt greift die Larven der Fadenwürmer an und verhindert das Heranwachsen. Adulte Würmer werden nicht eliminiert und können bis zu 15 Jahre lang weitere Larven legen. Aus diesem Grund wird das Medikament präventiv und regelmäßig in betroffenen Gebieten eingesetzt. Zwischen 1974 und 2002 führte die WHO beispielsweise ein Onchozerkose-Kontrollprogramms (OCP) in Westafrika durch, welches sich hauptsächlich auf das Versprühen von Insektiziden gegen Kriebelmückenlarven mittels Hubschrauber und Flugzeugen fokussierte. 1989 wurde das Programm zudem mit der großflächigen Verteilung von Ivermectin ergänzt. "Das OCP rettete 40 Millionen Menschen vor Infektionen, verhinderte die Erblindung von 600.000 Personen und sorgte dafür, dass 18 Millionen Kinder frei von der Gefahr der Krankheit und Blindheit zur Welt kamen. Darüber hinaus wurden 25 Millionen Hektar verlassenes Ackerland für Siedlungen und landwirtschaftliche Produktion zurückgewonnen, wodurch jährlich 17 Millionen Menschen ernährt werden könnten", hält die Organisation den großen Erfolg des Programms fest. Es folgten weitere Programme, sowohl am afrikanischen als auch am südamerikanischen Kontinent. Seither konnten die vier Länder Kolumbien (2013), Ecuador (2014), Mexiko (2015) und Guatemala (2016) von der WHO als frei von Onchozerkose eingestuft werden, nachdem sie jahrzehntelang erfolgreich Eliminierungsmaßnahmen durchgeführt hatten.

Dieser Erfolg zeigt, dass Flussblindheit mit gezielten Projekte verhindert und eliminiert werden kann. Neben der kostenlosen Vergabe von Medikamenten ist auch die Zusammenarbeit mit den einzelnen Regierungen der betreffenden Regionen ausschlaggebend für den Erfolg.