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Im Urlaub schnell etwas Gutes tun?

Auslandserfahrung macht sich gut im Lebenslauf von jungen Menschen, vor allem wenn sie mit einem Freiwilligenprojekt verknüpft wird. Dauer und Sinnhaftigkeit des Aufenthalts spielen dabei oft eine untergeordnete Rolle. Darunter leidet allerdings die Qualität der Hilfe vor Ort.
Freiwilligendienste im Ausland bauen grundsätzlich auf ein sinnvolles Prinzip auf: Junge Menschen helfen ohne Bezahlung bei Projekten mit und können im Gegenzug wertvolle soziale und interkulturelle Erfahrungen sammeln. Dieses Prinzip funktioniert allerdings nur, wenn bestimmte Rahmenbedingungen eingehalten werden und setzt verantwortungsvolles Handeln auf beiden Seiten voraus. Immer kürzere und flexiblere Einsätze von jungen Menschen ohne Vorerfahrung untergraben dieses System von nachhaltiger Hilfe.

Vom Freiwilligendienst zum Voluntourismus

Die gemeinnützige Kooperation Brot für die Welt, der Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung (akte) und ECPAT Deutschland haben in einer Studie 50 Angebote für Freiwilligenarbeit im Ausland von 25 Organisationen im deutschsprachigen Raum analysiert. Dabei wurde festgestellt, dass immer mehr kommerzielle Reiseveranstalter Freiwilligenprojekte anbieten. Die Studienautor*innen nennen diesen neuen Trend "Voluntourismus". Der Großteil dieser Angebote ist allein auf die Wünsche der Helfer*innen ausgelegt und bringt sogar Gefahren für Menschen, die durch die Projekte unterstützt werden sollten.

Oft sind es Reisende, die authentische Erfahrungen im Ausland sammeln und dabei noch schnell etwas Gutes tun wollen. Wenn es um langfristige Entwicklungszusammenarbeit oder die Betreuung von Kindern geht, ist aber vor allem Zeit ein entscheidender Faktor, der über die Sinnhaftigkeit der Hilfe entscheidet. Ständig wechselnde Bezugspersonen stellen eine Belastung für Kinder dar. Zudem raubt jede neue Mitarbeiter*in, die eingearbeitet werden muss, den Mitarbeit*innen vor Ort Energie und Zeit.



Dass diese Faktoren meist von den Anbietern ignoriert werden, zeigen Zahlen aus der Studie. 22 der analysierten Projekte haben eine Mindestaufenthaltsdauer von zwei bis drei Wochen, nur 14 eine Mindestdauer von vier Wochen. Bei einer Auswertung von 400 Buchungen wurde festgestellt, dass die Hälfte aller Freiwilligenreisen fünf Wochen oder kürzer dauern.

Jeder kann helfen - aber macht das auch Sinn?

Ein weiteres Problem sind fehlende Qualifikationen der freiwilligen Mitarbeiter*innen. Um so viele Interessierte wie möglich vermitteln zu können, holen Anbieter nur wenige Informationen über die Freiwilligen ein. Nur 24% der Interessierten wurden laut der Studie dazu aufgefordert, einen Lebenslauf abzugeben, nur 54% mussten ein polizeiliches Führungszeugnis vorzeigen. Wenn man beachtet, dass in vielen Projekten mit Kindern gearbeitet wird, sind diese niedrigen Anforderungen bedenklich. Bei keinem der untersuchten Projekte fand ein Bewerbungsgespräch statt. Auch Vorbereitungskurse sind nicht vor der Abreise möglich, sondern werden erst im Einsatzland, meist gegen zusätzliche Bezahlung angeboten.



Die hohen Preise, die Anbieter verrechnen, scheinen in einigen Fällen die größte Hürde für Interessenten zu sein, um an den Projekten teilnehmen zu können. Und hier versteckt sich auch ein weiterer Kritikpunkt, der in der Studie herausgearbeitet wurde: Nur ein Bruchteil der Anbieter macht transparent, wie viel von dem eingenommenen Geld auch tatsächlich in Hilfsprojekte fließt.

Richtig helfen - aber wie?

Nach all dieser Kritik stellt sich die Frage, ob Freiwilligenaufenthalte im Ausland überhaupt Sinn machen. Die Antwort ist ja. Allerdings sollten folgende Punkte beachtet werden.
  • Wählen Sie eine möglichst lange Aufenthaltsdauer und hinterfragen Sie, ob Ihre Hilfe vor Ort langfristig auch wirklich Sinn macht.
  • Lassen Sie sich intensiv beraten, bevor Sie sich für einen Anbieter entscheiden. Bringen Sie in Erfahrung, wie lange der Anbieter schon mit der Organisation vor Ort zusammenarbeitet und wie viel vom Reisepreis in das Projekt einfließt.
  • Informieren Sie sich über Ihre Aufgaben vor Ort und gehen Sie sicher, dass Sie diesen Aufgaben auch gewachsen sind.
  • Achten Sie darauf, dass Sie vor der Reise einen Vorbereitungskurs belegen können und auch vor Ort einen Ansprechpartner bei Problemen haben.

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