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Rohingya: Staatenlos und ohne Rechte

Die sunnitisch-muslimische Ethnie zählt zu den meistverfolgten Minderheiten der Welt.
Provisorische Hütten in Cox's Bazar
Über 640.000 Rohingya leben in dem Flüchtlingslager Kutupalong, Bangladesch. Das Camp in der Nähe von Cox‘s Bazar gilt als größtes weltweit. © SH Saw Myint / Unsplash
Diskriminierung, Gewalt, Ermordung - seit Jahrzehnten werden die Rohingya vertrieben und verachtet. Wenn überhaupt geduldet, leben die Angehörigen der sunnitisch-muslimische Ethnie ein oft tristes Leben. Ohne Staatenangehörigkeit und ohne Rechte, gelingt ihnen kein Ausweg aus der Armut. Seit dem Jahr 1948, in dem Myanmar die Unabhängigkeit vom britischen Kolonialismus erlangte, werden Rohingya systematisch verfolgt. 1982 erklärte die burmesische Regierung zudem ihre Staatenlosigkeit. Sich als Rohingya zu identifizieren war verboten. Ab diesem Zeitpunkt galten Rohingya als Eindringlinge in ihrem Heimatland.

Myanmar stempelt die Angehörigen als Einwander*innen ab, sei ihre eigentliche Heimat doch Bangladesch. Der Nachbarstaat wiederum verweist auf die seit Generationen in Myanmar lebenden Familien und sieht diese deswegen nicht als Staatsbürger*innen. Ein heikles und hochsensibles politisches Thema zwischen den beiden Nationen. Die Minderheit der Rohingya lebt vor allem in Rakhine-Staat, im westlichen Myanmar an der Grenze zu Bangladesch. Sie sprechen eine eigene Sprache und gehen eigenen kulturellen Bräuchen nach. Insgesamt, so Schätzungen, zählen zwischen 750.000 und zwei Millionen Menschen zu den Rohingya.
Ihre Herkunft ist weitestgehend ungeklärt, was Diskriminierung und Ausgrenzung durch die Bevölkerung zur Folge hat. Aufgrund der Unterschiede erkennt die Regierung des Landes die Rohingya bis heute nicht als Staatsbürger an.
- Malteser International
Im sonst vorwiegend buddhistischen Myanmar definieren sich Rohingya als Muslime. "Vor allem aufgrund ihres Glaubens und ihrer ungeklärten Herkunft sind sie bis heute immer wieder betroffen von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung durch die Regierung und das Militär Myanmars", hält Malteser International fest. Sie erhalten keine Geburtsurkunden, bleiben rechtlich und administrativ unsichtbar. Dadurch werden ihre Bewegungsfreiheit und ihre Zukunftschancen massiv eingeschränkt. Ganze Dörfer können willkürlich zerstört, privates Hab und Gut vom Militär beschlagnahmt werden. Denn offiziell besitzen sie nichts, Siedlungen in denen sie wohnen sind illegal, ihre Anwesenheit in Myanmar nicht erwünscht.

Kein Land spricht ihnen die Staatsangehörigkeit zu, keine Nation möchte sie integrieren. In einigen Nachbarländern werden sie toleriert, mehr aber auch nicht. Schon 2013 betitelte die UNO das Volk der Rohingya als eine der meistverfolgten Minderheiten der Welt.
Eine verzweifelte Rohingya Familie
Die Menschen in den Flüchtlingslagern sind verzweifelt. Ohne fremde Hilfe können sie nicht überleben. © Saikat Mojumder / MSF

Gewalt und Verzweiflung

Seit der Unabhängigkeitserklärung Myanmars gab es immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und den Rohingya - die schlimmsten Ausschreitungen fanden in den Jahren 1978, 1992, 2012 und 2016 statt. Tausende Menschen wurden vertrieben und getötet. Bei der letzten Eskalation im August 2017 flüchteten hunderttausende Menschen aus ihrer Heimat. Die gewalttätige Militäroffensive bewirkte innerhalb kürzester Zeit riesige Flüchtlingsströme. "Mehr als 700.000 Rohingya – Frauen, Männer und Kinder – mussten aus Myanmar nach Bangladesch fliehen", so UNHCR. Die Erzählungen der Flüchtlinge sind kaum zu verarbeiten. Vergewaltigungen, Massentötungen und weitreichende Zerstörung werden von Opfern immer wieder geschildert. Familien wurden zerrissen, Kinder und Erwachsene schwer traumatisiert. "Der jüngste Exodus aus Myanmar wird nun offiziell als langanhaltende humanitäre Krise definiert", hält das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen fest.   

Aus dem Heimatland vertrieben haben die Rohingya im Nachbarland Schutz erhalten. Doch Bangladesch, das am dichtesten besiedelte Land der Welt, kämpft schon mit der Armut innerhalb der eigenen Bevölkerung. Die Aufnahme und vor allem Versorgung und Unterbringung der Rohingya ist für die Nation nicht zu bewältigen. Zwar haben die geflüchteten Familien eine Übergangsbleibe gefunden, von einem würdigen Leben kann jedoch kaum die Rede sein kann. In der Nähe von Cox's Bazar werden die Flüchtlinge in Lagern untergebracht. Eines davon Kutupalong. Als das größte Flüchtlingscamp der Welt beheimatet es über 640.000 Menschen.
Die Lebenssituationen in den Lagern sind schlecht. Einfache Hütten aus dünnem Holz, Zeltplanen und Kartons dienen als Wohnfläche. Es gibt kaum sanitäre Anlagen oder Toiletten. Fließendes Wasser ist Mangelware genauso wie medizinische Versorgung. Nahrung, Kleidung und auch Bildungsmöglichkeiten sind nicht wirklich vorhanden. Die Menschen in den Flüchtlingscamps sind den Wetterextremen in der Region ausgesetzt, vor etwa Starkregen bieten die provisorischen Bleiben keinen Schutz. Die Lager sind überfüllt, Krankheiten breiten sich leicht aus. Seit Jahren sind die in Bangladesch angesiedelten Rohingya auf die Hilfe von ausländischen Organisationen angewiesen. Doch mit der Vielzahl an humanitären Notfällen ist das mediale Scheinwerferlicht schon länger nicht mehr auf die Minderheit und deren Situation gerichtet.

Zurück nach Myanmar

Von einer Rückkehr nach Myanmar ist derzeit nicht zu denken. Zu unsicher sei die Lage nach der militärischen Machtübernahme im vergangenen Jahr. Die Situation für noch im Land lebende Rohingya habe sich sogar verschlechtert. Viele der Flüchtlinge sehnen sich nach ihrem Zuhause. Sie möchten zurück in ihre Heimat und in Frieden leben. Doch dies ginge nur, wenn ihnen einerseits die Staatsbürgerschaft inklusive von Rechten und andererseits Sicherheit garantiert werden könnte. Eine Grundlage, die leider so schnell nicht umgesetzt werden wird.

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