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Vernachlässigte tropische Krankheiten: Myzetom

Die chronische Infektionskrankheit ist durch die Bildung tumorartiger Schwellungen charakterisiert, welche von Pilzen oder Bakterien verursacht werden.
Die Übertragung der Pilze oder Bakterien erfolgt womöglich über eine kleine Verletzung. Viele Patient*innen weisen einen Stich von Dornen auf. © Irina Shishkina / Unsplash
Die Übertragung der Pilze oder Bakterien erfolgt womöglich über eine kleine Verletzung. Viele Patient*innen weisen einen Stich von Dornen auf. © Irina Shishkina / Unsplash
Nach heutigem Wissensstand sind über 70 verschiedene Bakterien und Pilze bekannt, welche die Ursache für die vernachlässigte tropische Krankheit Myzetom sein können. Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die durch ein Trauma - daher eine Wunde - ausgelöst wird, über welche die Krankheitserreger in das menschliche Gewebe gelangen. In vielen Fällen erkranken Personen durch das Barfußgehen in Risikogebieten. Der Tritt auf eine infizierte Dorne oder einen Holzsplitter sind die bisher häufigsten Beispiele für eine Ansteckung. Seltener finden sich Myzetome auf anderen Extremitäten als dem Fuß. Einmal infiziert schreitet ein Myzetom zuerst schmerzlos zu einer Entzündung voran und bildet in Folge Abszesse, Knötchen und Fisteln. Auch starke Schwellungen der betroffenen Körperstellen sind festzustellen. Schon zu einem recht frühen Zeitpunkt ist der Befall von den Knochen nachweisbar.
Myzetom betrifft vor allem arme, ländliche Bevölkerungsgruppen, insbesondere Menschen mit niedrigem wirtschaftlichen Status, die barfuß gehen, sowie Arbeiter*innen wie Landarbeiter*innen und Hirt*innen. - World Health Oganization
Wie viele Menschen jährlich an einem Myzetom erkranken, ist unbekannt. Denn die tropische Infektionskrankheit trifft vor allem die ärmere Bevölkerung mit niedrigem sozioökonomischem Status in Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika. Nicht nur stehen in den endemischen Gebieten oft keine medizinischen Zentren zur Verfügung, bei denen sich Betroffene melden könnten oder die Krankheit diagnostiziert wird. Zusätzlich sind Myzetome anfangs nicht schmerzhaft und werden von Betroffenen dadurch lange ignoriert, bis sie schon sehr weit fortgeschritten sind und eine Amputation der betroffenen Extremitäten die einzige Option ist. "Früherkennung und Behandlung sind essentiell, um die Morbidität zu reduzieren und die Ergebnisse zu verbessern", hält die WHO fest.

Gebiete mit kurzen Regenzeiten und längere Trockenzeiten begünstigen das Vorkommen von Myzetom, da die in vielen Fällen verantwortlichen Dornenbüsche in diesen Regionen gute klimatische Bedingungen finden. Die meisten dokumentierten Erkrankungen finden sich um Sudan und in Mexiko. Weitere betroffene Länder werden unter dem sogenannten "Myzetomgürtel" gelistet. Venezuela, der Tschad, Äthiopien, Indien, Mauretanien, Senegal, Somalia, Thailand und Jemen zählen dazu (siehe Karte). Die bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen halten zudem fest, dass vor allem Männer im Alter zwischen 15 und 30 Jahren von Myzetom betroffen sind.
Mycetoma: Neglected but not Forgotten © Drugs for Neglected Diseases initiative
Die Diagnose erfolgt mithilfe einer chirurgische Probebiopsie, bei der Material aus dem Geschwulst gewonnen und untersucht wird. Die Behandlung richtet sich nach dem Erreger des Myzetoms. Bakterielle Erkrankungen werden demnach mit Antibiotika bekämpft, wohingegen Pilzmyzetome eine Behandlung mit Antimykotika oft in Kombination mit einer Operation erfordern. "Die Behandlung ist langwierig, hat viele Nebenwirkungen, ist teuer, in Endemiegebieten nicht verfügbar und vor allem oft unbefriedigend. Bei Pilzmyzetomen kommt es häufig zu Amputationen und wiederkehrenden Infektionen", so die Weltgesundheitsorganisation.
Aufgrund des Vorkommens und der Erkrankung von vor allem Menschen aus armutsgeprägten Gebieten, ist die vernachlässigte tropische Krankheit bis heute kaum erforscht. Es gibt nur wenige Bekämpfungs- und Aufklärungskampagnen für die Bevölkerung, einzelne Spezialist*innen und ausgebildetes medizinischen Personal in den betroffenen Ländern. "Eine Infektion zu verhindern ist schwierig, aber Menschen, die in Endemiegebieten leben oder dorthin reisen, sollte davon abgeraten werden, barfuß zu gehen", erläutert die WHO und ruft in gleichen Atemzug dazu auf die Forschung für NTD (eng. neclected tropical diseases) zu unterstützen.