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Die Hürden der Urbanisierung

Bei einem Umzug in Städte erhoffen sich Menschen ein besseres Leben. Doch nicht alle Orte sind auf die wachsende Bevölkerung vorbereitet.
Eine Stadt bei Nacht.
Viele Menschen erhoffen sich mit dem Umzug in Städte ein besseres Leben. Arbeitsplätze, Bildung und Gesundheitsversorgung sind gängige Pullfaktoren. © Henning Witzel / Unsplash
Städte haben eine Anziehungskraft für Menschen. Zahlreiche Arbeitsplätze, weitreichende Infrastruktur, unterschiedliche (Aus-)Bildungsmöglichkeiten, gute Gesundheitsversorgung und wechselnde Freizeit- und Kulturangebote waren schon immer Faktoren, warum Bewohner*innen von ländlichen Gebieten den Umzug in die Stadt gewagt haben. Die scheinbar unendlichen Möglichkeiten und der Wohlstand, den Städte ausstrahlen, ziehen Personen deshalb aus Regionen, mit schlechteren Aussichten, an. Doch der seit der Industrialisierung rasante Zuwachs der städtischen Bevölkerung birgt nicht nur Vorteile. In vielen Städten der Welt leben Personen, die mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in die Ballungsgebiete gezogen sind, in bitterer Armut.

Gründe der Urbanisierung

Das Wort Urbanisierung stammt von dem lateinischen Ausdruck 'Urbs', der in die deutsche Sprache übersetzt Stadt bedeutet und die sogenannte Verstädterung beschreibt. Einfach gesagt, wird darunter das zunehmende Wachstum der weltweiten Städte gemeint, daher deren geografische Ausbreitung sowie die steigende Anzahl der Einwohner*innen. Im Jahr 2024 leben schon rund 50 Prozent der Weltbevölkerung in städtischen Gebieten, bis 2050 wird die Anzahl laut Berechnungen sogar auf über 60 Prozent ansteigen. Die größten Bewegungen werden in Afrika und Asien erwartet.

Grund dafür waren und sind die Ansiedlungen der Fabriken und Firmen in den Ballungszentren und somit der Bedarf an arbeitenden Personen, sowie im Gegenzug die Jobaussichten für Arbeitsplatzsuchende. "Für viele Menschen stellen Städte eine Welt voller neuer Möglichkeiten dar, darunter auch Arbeitsplätze. Es besteht ein starker Zusammenhang zwischen Urbanisierung und Wirtschaftswachstum. Weltweit sind Städte für über 80 Prozent des Bruttosozialprodukts verantwortlich", so der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen. Gibt es in den ländlichen Regionen keine passende Anstellung, versuchen Frauen, Männer und Jugendliche in urbanen Gegenden ihr Glück. Getrieben von Hoffnung und in vielen Fällen auch Verzweiflung.
Die Urbanisierung hat das Potenzial, eine neue Ära des Wohlstands, der Ressourceneffizienz und des Wirtschaftswachstums einzuläuten. Aber auch in Städten herrscht eine hohe Armutskonzentration. - UNFPA
Ultraschalluntersuchung
Die sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung ist in den Städten besser ausgebaut. Frauen erhalten leichter medizinische Versorgung. © Unsplash / Bagoes Ilhamy
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Landflucht von Frauen und Mädchen in städtische Gebiete. Vor allem in ländlichen Regionen ist in vielen Ländern das traditionellen Patriarchat noch vorherrschend. So besitzen weibliche Personen unter anderem kein Mitbestimmungsrecht, haben keine Aussichten auf Bildung oder werden zwangsverheiratet. Mit der Migration in Gebiete mit fortgeschrittener sozialer Entwicklung erhoffen sich die Betroffenen den patriarchalen Strukturen zu entkommen und neue Freiheiten zu erfahren. Die bessere sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung und die Förderung der Frauenrechte sind in Städten stärker ausgeprägt.

Komplexe Herausforderungen

In den nächsten Jahren werden immer mehr Städte mit dem stetigen Zuwachs konfrontiert werden. "Ohne eine wirksame Stadtplanung werden die Folgen dieser rasanten Urbanisierung dramatisch sein", betont UN Habitat dazu. Schon jetzt gibt es genügend Beispiele, bei denen die schnelle Verstädterung zu Problematiken führt und die Kluft zwischen Armen und Reichen vergrößert. Schätzungen nach rund eine Milliarde Personen leben beispielsweise derzeit in sogenannten Slums. Die Ursache ist der Mangel an angemessenen und leistbaren Wohnraum und der damit zusammenhängende Wachstum von Armenvierteln.
Nirgendwo ist der Anstieg der Ungleichheit deutlicher zu erkennen als in städtischen Gebieten, wo wohlhabende Gemeinschaften neben Slums und informellen Siedlungen koexistieren und von diesen getrennt sind. - UNFPA
Favela Kolumbien
Die städtische Armut konzentriert sich in den Slums. Oft liegen diese direkt neben reichen Stadtteilen. © Unsplash / Milo Miloezger
Die informellen Siedlungen entstehen etwa an den Außengrenzen von Großstädten. Beispiele für Slums sind Favelas in Brasilien oder Bastis in Indien. Die Elendsviertel kämpfen neben unzureichender und veralteter Infrastruktur - wie dem Fehlen von Elektrizität, Wasserversorgung und Abfallwirtschaft - auch mit Kriminalität, Umweltverschmutzung und allen voran Armut. "Das Gesicht der Ungleichheit ist zunehmend ein städtisches. Zu viele Stadtbewohner kämpfen mit extremer Armut, Ausgrenzung, Verletzlichkeit und Marginalisierung", so UNFPA. Der Kampf um das tägliche Überleben hindert die Bewohner*innen daran die Chancen in einer Stadt zu ergreifen, um sich ein besseres Leben aufzubauen. Einmal in Slums angekommen, ist es für Einwohner*innen sehr schwer aus der Armutsspirale auszubrechen.


"Städtische Armut und Ungleichheit sind äußerst komplexe und mehrdimensionale Herausforderungen, deren Manifestation über den Mangel an Einkommen hinausgeht. Städtische Armut und Ungleichheit sind eng miteinander verknüpft", so UN Habitat im World Cities Report 2022.

Um die Missstände nachhaltig zu eliminieren, betont der Bericht die Investierung in die Infrastruktur und Dienstleistungen benachteiligter Stadtteile, als auch die Unterstützung informeller Beschäftigung. Politik und Zivilgesellschaft müssen zusammenarbeiten, um Städte für alle Menschen zugänglich, als auch lebenswert zu machen. "Denkweisen, Richtlinien und Ansätze zur Urbanisierung müssen sich ändern, damit das Wachstum von Städten und städtischen Gebieten in Chancen umgewandelt werden kann, die niemanden zurücklassen", so die Organisation.

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